Maria, du setzt aus Überzeugung auf regionale Produkte.
MG: Mein Credo ist, mit Sinn regional einkaufen. Mein Fokus liegt auf Produktqualität. Standardisierte Grundqualität kann man regional beziehen, doch ich möchte natürlich nicht auf Safran, Vanille, Pfeffer oder Chili verzichten. Das Gute ist, die regionale Palette wird größer: Viele probieren sich aus mit Aubergine, Currykraut oder Olivenkraut.
Ist deine Küche in der Bachstelze thüringisch?
MG: Ich sag es mal so: Man merkt definitiv, dass ich in Thüringen sozialisiert und in der bürgerlichen Küche zuhause bin. Du sollst immer ein Stück Heimat spüren, wenn du bei mir isst. Aber wenn ich Lust habe auf Limone, dann nehme ich eine Zitrusfrucht. Jeder soll spüren, dass ich mir die Welt ein wenig angeguckt habe, dass das Essen nach Farben Spaß macht.
Ihr legt einen starken Fokus auf das Grillen und Smoken, richtig? Wie kam es dazu?
MG: Tja, bei den Gästen kommt das Grillen immer sehr gut an. Diese archaische Form des Kochens ist für Menschen oft anziehend. Beim Grillen gibt es eine Art emotionale Bindung zum Produkt, wenn der Gast dich beobachtet. Die Gäste sehen direkt den Garprozess, das lieben die Leute. Deshalb grillen wir auch ganzjährig. Ein Barbecue-Feeling im Winter rüberzubringen, macht besonders Spaß. So etwas würde ich mir nochmal für den Thüringer Wald wünschen: jemanden, der die Region gastronomisch revitalisiert. Ich glaube, die hätten einen großen Wiederhall von Leuten, die hier leben.
Maria, irgendwann hat es dich nach Erfurt in das „Klara“ verschlagen.
Ja, das „Klara“ ist ein Veranstaltungshaus mit tausend Sitzplätzen, ein gutbürgerliches Restaurant mit hundert Sitzplätzen plus das Fine Dining mit dreißig Sitzplätzen. Wir waren erfolgreich, weil ich mit anderen Menschen ungemein gut zusammengearbeitet habe. Ich war verantwortlich für den Geschmack und andere brachten die Effizienz dazu. Und das macht ein gutes Team aus. Der Stern war dann ein absoluter Türöffner und ich bin unendlich dankbar. Doch ich habe auch gemerkt, dass ich noch ein bisschen was anderes vom Leben möchte. Ich bin ein so vielseitig interessierter Mensch, lese gerne oder gehe gerne in die Natur. Das hätte auf Dauer in dem Betrieb nicht geklappt. Deshalb wollte ich mich verändern – ich wusste, das Leben besteht für mich aus sehr viel mehr, als sieben Tage vierzehn Stunden arbeiten. Ich wollte immer noch geil kochen, aber nicht unter diesen Rahmenbedingungen. Diesem goldenen Käfig.
Also bist du aus dem goldenen Käfig ausgebrochen und wurdest deine eigene Chefin mit der Bachstelze?
MG: Das denken viele, aber ursprünglich war das gar nicht so geplant. Ich wollte ein halbes Jahr rumreisen. Aber während eines Kaffees in der Bachstelze kamen die Vorbesitzer auf mich zu und erzählten, dass sie das Restaurant aufgeben und ich ihre erste Wahl zur Übernahme wäre. Es war sozusagen eine Win-win-Situation. Da wusste ich, das ist ein Angebot, das kriegst du nicht in den nächsten zwei Jahren wieder. Denn es ist ein ganz beseelter, wunderschöner Ort.
Ralf, was kommen bei dir für Gedanken hoch, wenn du in der Bachstelze bist?
RZ: Das ist wie so ein Lebewesen, das wächst und sich permanent verändert. Und genau das finde ich das Schöne an der Bachstelze. Du kannst dich überallhin, selbst unten in den Garten, setzen und es gibt immer etwas zu entdecken. Wenn du nur fünf Wochen mal nicht da warst, ist wieder etwas neu und anders. Es ist ein unwahrscheinlich heimeliger und spannender Ort. Ich finde es großartig.
Was schätzt du denn so an dem Bundesland Thüringen?
MG: Also, was ich definitiv an Thüringen schätze, ist, kulinarisch gesehen, die große Produktvielfalt des Landes. Du hast eine Tiefebene, wo du von Getreide über Gemüse alles kriegst, was du möchtest. Von Anfang März bis Mitte Oktober kannst du fast alles von hier beziehen. Durch den Wald haben wir perfekten Zugang zu Wild. Hier in der Erfurt-Umgebung bekommst du Reh. Wenn du Hirsch willst, geht das ab Ilmenau. Da hast du wirklich großartige Möglichkeiten. Du hast auch Forellenhöfe hier in Thüringen. Was ich schade finde, ist, dass jene nur leider keinen wirklichen Nachfolger finden.
Ralf, was verbindest du mit Thüringen? Soweit ich weiß, hast du sogar in Wasungen geheiratet?
RZ: Ich liebe die Küche, ich liebe die Landschaft. Supernette Menschen. Und gerade Wasungen ist ja auch so eine Karnevalshochburg. Und den Karneval in Wasungen, den sollte man echt mal mitgemacht haben. Dazu ist Thüringen meiner Meinung nach einfach klasse zum Entschleunigen, um Urlaub zu machen und ein bisschen die Seele baumeln zu lassen. Ich finde, du bist hier der Natur ein bisschen näher. Aber vielleicht ist das eher dem geschuldet, dass ich jetzt schon seit fast zwanzig Jahren in Berlin wohne (lacht).